Kaufen Sie einen Wäschehänger

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An einem Wäscheständer, bzw. genauer: am Standort eines Wäscheständers kann man gut erkennen, wie es um den Wohlstand einer Person, aber auch um gesellschaftliche Kooperation bestellt ist. Raum ist Luxus, vor allem in der Stadt – wohin also mit der frisch gewaschenen Wäsche?

Kurzer Blick ins Ausland. Es mag am Wetter, aber auch an der biestigen Haltung der Deutschen liegen, dass sie es nicht schaffen, den Raum zwischen den Häusern als solchen zu verstehen und zu nutzen (oder es gibt irgendeine mir unbekannte Vorschrift, die das verbietet). Schade. Die Italiener:innen jedenfalls kriegen das ja bekanntlich hin:

Foto von Nick Karvounis auf Unsplash

Kollektives Wäschetrocknen ist in Deutschland eher selten. Ab und zu sieht man große Mietanlagen mit Rasenflächen, über denen die Wäscheleinen von Anwohner:innen gespannt sind. Darüber hinaus fällt mir nicht viel ein.

Die deutschen Biedermeier sind ja auch lieber für sich. Hausbesitzer:innen z. B. haben einen – das Wort habe ich neulich gelernt – so genannten Hauswirtschaftsraum. Hier werden all die Dinge aufbewahrt, die notwendig, aber unschön sind: Gefriertruhen, Bügeleisen und -bretter, Küchengeräte, Schuhpflege- und Putzzeug, Lebensmittelvorräte usw. Auch die Wäsche lässt sich hier prima trocknen, sei es auf Leine oder Ständer – und der Nachbar, netter Nebeneffekt, kann nicht mal sehen, welche Unterwäsche man trägt.

Auf der anderen Seite des Hausbesitzes munkelt man, dass es Mieter:innen gibt, die einen trockenen, sauberen Keller oder Dachboden für die Wäsche nutzen. Eine nichtrepräsentative Umfrage in meinem Bekanntenkreis konnte dies allerdings nicht bestätigen, so dass fürsorgliche Vermieter:innen, die unentgeltlich Gemeinschaftsflächen bereitstellen, Mythos bleiben. Noch tiefer im Reich der Fiktion lebt das Konzept »Wäscheservice« – übertroffen nur von »Personal«. Bleibt also, in den Waschsalon zu gehen (wer hat die Zeit?), sich einen Trockner anzuschaffen (all die empfindlichen Sachen!) oder die Wäsche in der Wohnung aufzuhängen. Enter the Wäscheständer.

Machen wir es kurz: Wäscheständer sind die größte funktionale Scheußlichkeit des Wohnens. Das Teil sieht immer schlecht aus, steht immer im Weg, ist so gut wie immer aufgebaut. Möbel gewordenes Grauen. 

Die Alternative waberte schon länger eher unattraktiv in meinem Hirn, letztes Jahr habe ich sie mir ruckartig angeschafft – einen Wäschehänger. Und was soll ich sagen: ich nutze jede sich bietende Gelegenheit, um alle Leute davon vollzuquatschen und das Ding anzupreisen. Andere Männer im fortgeschrittenen Alter begeistern sich für dicke Autos, ausgefallene Hobbies, exaltierte Küchengeräte oder rare Musikinstrumente – ich für meinen Wäschehänger (so viel zum biederen Deutschen. Aua). 

Allerdings, und da sind wir wieder bei den Privilegien, sollte Ihre Decke bestenfalls 3 Meter hoch sein. Wenn es Ihnen aber nichts ausmacht, am Abend leicht geduckt durchs Schlafzimmer zu schleichen – drumherum gehen müssen Sie ja nicht mehr –, tut es auch eine niedrigere.

Hier also mein allererster Kaufbefehl (ich kriege keinen Cent): Wenn bei Ihnen ein Wäscheständer rumstehen sollte, bestellen Sie sich, falls irgendwie möglich, unbedingt und sofort einen Wäschehänger. Wie sagt man? Game, ja vielleicht sogar Life Changer. Vor allem: So billig kriegen Sie niemals neue Quadratmeter in Ihre Wohnung.