Neue Hülle für mein Smartphone

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Neulich musste ich mir eine neue Smartphone-Hülle kaufen; die alte, Typ Silikon, schien zwar ihren Dienst noch zu tun, war aber an mehreren Stellen gebrochen und zerfleddert, das sah für niemanden mehr gut aus und ich begann mir außerdem langsam einzubilden, dass auch die übrigen Funktionen nicht mehr so gewährleistet waren, wie das von mir und dem Produkt ursprünglich vorgesehen war.

Ich musste die Hülle natürlich nicht kaufen, das Handy funktioniert auch ohne, es sieht auch besser aus – bzw. nach knapp 2 Jahren sah ich es, statt nur den durchsichtigen Bildschirm, überhaupt mal wieder, in diesem kurzen Moment des Hüllenwechsels, eine schöne Überraschung; weil aber Kaputtgehen nicht nur teuer wird, sondern auch den Verbrauch von Ressourcen wie Energie, seltenen Erden, billiger Arbeitskraft etc. bedeutet, was ich aus Gründen der Nachhaltigkeit sozusagen selbstverständlich, aber eben auch nicht, vermeiden möchte und auch die dritte Variante, einfach keines mehr zu kaufen, was in vielen Belangen (besagte Ressourcen, Zeitgewinn, Psychohygiene) eh die bessere Lösung wäre, aber dafür bin ich nicht stark genug, wollte ich mir Ersatz besorgen.

Ich bin dann, ganz altmodisch, in einen Laden gegangen, der hatte ein Regal, da wurden viele Meter aufgewendet, um viele Hüllen für eine Vielzahl von Modellen vieler Hersteller auszustellen, es war ein herrliches Gefühl der Fülle und des Wählenkönnens, auch wenn dieses Gefühl während der Prozession immer kleiner wurde, weil man nah herantreten muss zwecks Verpackungslektüre, um die tatsächlich qualifizierten Produkte einzukreisen, so dass die Weite des Angebots seitlich aus dem Blick gerät, das Ganze war nicht unschwierig, weil ich konnte ja keinen Suchbegriff eingeben, hatte leider auch nicht richtig nachgeschaut.

Im ersten Anlauf hab ich es denn auch versaut und einen nichtpassenden Artikel gekauft, was mir beim Hüllenwechsel im Hinausgehen aber – ein Glück! – direkt auffiel, erstes Zwischenergebnis der Aktion war also hauptsächlich Scham und eine angewidert dreinschauende Verkäuferin, weil sie das Ding wieder in zurücknehmen, ihren Computer bedienen und mir Bargeld auszahlen musste.

Vor dem Regal war ich, muss man wohl so sagen, verwirrt, weil sich die Bezeichnungen der durch die Jahre hindurch erschienenen Modelle ziemlich ähnlich lesen, worauf ich mit Schlampigkeit reagierte, d.h. die Namensanhänge nicht ernst genug nahm, was sich dann, wie gesagt, rächte, ich hatte offensichtlich den Ernst der Situation verkannt, war nicht mit der nötigen professionellen Konzentration an diese sehr wohl »Arbeit« zu nennende Aufgabe herangegangen.

Die Namen der Hersteller der Produkte sagten mir überwiegend nichts, das gefiel mir ganz gut: irgendeinem unbekannten Unternehmen mein Geld und also eigentlich dem Laden einen Vertrauensvorschuss zu geben, er ist nämlich groß und eine Kette, kauft also seine angebotenen Sachen zentral ein, da dürfte er ja wohl die Qualität prüfen und nicht den allerletzten Schrott ins Programm nehmen.

Weil ich aber schon öfter in Elektronik-Geschäften war, hatte ich doch nebelhafte Erinnerungen an die Markennamen, woraus sich ergab, dass ich die Hülle einer mir nun wirklich unbekannten Firma mit dem etwas zu ornamentalen, den Phantasiewert zu krass ausstellenden Namen “Ideal of Sweden” doch nicht in Betracht zog, obwohl ihr Design, ein Farbverlauf von Orange nach Purpur, der auf dem Etikett “Ombré” hieß, recht schick aussah, was aber dann, den kurzen Affekt der Freude über diese, wie ich fand, lebensbejahende Farbwahl auslöschend, zu der weniger wünschenswerten Vorstellung eines sehr stark auf sich aufmerksam machenden Smartphones führte, lieber doch nicht.

Ich hatte kein exaktes Bild, wie meine zukünftige Hülle, die ich ja sehr oft zu Gesicht kriegen und anfassen würde, aussehen solle, meine Schwägerin hat so ein durchsichtiges Teil, da hab ich sie gefragt, wie alt die ist, weil meine von vor paar Jahren war innerhalb weniger Monate dreckig gelb getönt, weniger schön, aber ihre war schon 2 Jahre alt und immer noch klar, sie konnte sich aber nicht mehr an den Hersteller erinnern, egal, jedenfalls hatte das gereicht, dass ich mich beim ersten, später ja dann retournierten Teil ebenfalls für durchsichtig entschied, beim fehlgeschlagenen Verkleiden gefiel mir das dann aber doch nicht so gut, so dass ich im zweiten Anlauf nach anderen Angeboten guckte.

Das Militär begegnet einem für gewöhnlich weniger außerhalb der Nachrichten, aber bei Handyhüllen ist es ein Qualitätsversprechen, Military Grade heißt es da, was den Sturzschutz angeht, beruhigend letztlich, dass bei Gewalt immer noch die institutionalisierte am verlässlichsten erscheint, wo ist eigentlich die Polizei, jedenfalls sehen alle anderen Waren ohne diesen Zusatz direkt bisschen schwach aus, obwohl manche laut Aufschrift ebenfalls 1,80m Falltiefe abfedern, das ist doch gar nicht schlecht, sondern eher ziemlich gut, fand ich, weswegen ich diese Fähigkeit allen anderen Produkten gleichfalls bereitwillig zuschrieb und mich so glücklicherweise schnell von dem Gedanken befreien konnte, Military Grade kaufen zu müssen.

Auf Plastik hatte ich mich aber im Grunde schon eingestellt, gefreut geradezu, irgendein Kunststoff muss her, nicht zu dick, Tendenz dunkel, unauffällig — in der Kategorie gab es aber nichts, nur so inkonsequente Mischformen, die transparente Partien mit schwarzen kombinieren oder ihr Material, Carbon mit C, mit albernen Mustern, die man aus an mikroskopischen Aufnahmen des Werkstoffs kennt, nochmal extra bildhaft mitteilen wollen, meine Güte sieht das bemüht aus.

Bleibt Leder, das wie verkleidetes Plastik aussieht und sich auch so anfühlt, wenig überzeugend, aber es sind eben keine weiteren Möglichkeiten offen, jetzt nach dieser kleinen Reihe nichtiger Enttäuschungen, wie also die Situation auflösen, die Schwärze des Leders sieht am ehesten gut aus, liegt aber schlecht in den Händen; das natürliche Fett (oder ist es Feuchtigkeit?) meiner Finger wiederum sollte das Material ja irgendwann, bloß wann genau, hinreichend patinieren, jedoch Tierhaut, hm, aber veganes Leder – blöder Name wenn auch verständlich, denn mit dem Verzicht auf das Wort und somit auf den mit ihm erdichteten Wert würde der Ersatzstoff seine Anschlussfähigkeit bei der Kundschaft riskieren, das war ich bereit mitzugehen – gab es nicht in der Palette, wieso eigentlich nicht, nur dieses aus… vermutlich Kuh, was okay sein dürfte, ist ja quasi nur Steak-Abfall, hab ich gelesen, na gut, ich nehm das Teil jetzt einfach mit, muss auch mal Schluss sein hier, ab zur Kasse.